Kunstschalter Berlin Ulrich Eichhorn

Die Entstehung des Kunstwerks

Auf Anordnung eines freundlichen Herrn des Wirtschaftsförderungsamtes, bekam ich am 12. Februar 1995 vom Bezirksamt Mühlheim der Stadt Köln, den Schlüssel (einen Schlüssel!) für die Haustüre des 8.000 qm und fünf Etagen zählenden Fabrikriegel in der Deutz-Mülheimer-Str. in die Hand gedrückt und hatte innerhalb einer Woche 15 Tausend DM Kaution zu hinterlegen. Anmieten konnte ich nur über den von mir gegründeten Kunstschalter Verein, der bisher ausschließlich das Projekt Kunststation 16B realisierte.
Mit dem von Gabriele Thümmler und mir, 1993 gegründeten Verein, miete ich ab 15.02.1995 als erster Vorsitzender offiziell das ehemaligen BBZ - Berufsbildungszentrum Mülheim von der Stadt Köln an. Da alle Vereinsmitglieder, Künstlerkollegen- und Kunstaktivisten eine Inangriffnahme des Projektes ablehnten, war nur Manfred Gabriel Anfang Februar bereit mit mir den 8.000 qm großen und sich über 5 Etagen erstreckenden Fabrikriegel zu erobern. Gemeinsam starteten Manne als technischer Leiter und ich als Geschäftsführer am 12.02.1995. Wir nannten das Projekt statt Art Factory jetzt "KunstWerk" und starten mit dem Kunstschalter e.V., die Realisation der Vision einer sozialen Plastik.

Erste Tage / First days

Bis zum 01.08.1995 hatte der Verein 1 DM/p.Qm Miete zu zahlen, ich, als  Vorstand und Geschäftsführer in einem, mietete erst mal etagenweise im Zweimonatrythmus am. Erst Erdgeschoß und Kellerräume (wegen der vielen Musikbandanfragen), dann jeden weiteren Monat: die dritte und die erste Etage, schließlich im Juli 1995 offiziell die zweite und letzte Etage, jene in der die größten Hallen waren, in der die meisten Räume noch zu bauen waren. Als die KHD im August den Hof von der Stadt Köln "übernahm", um das gesamte Gelände in einem Stück veräußern zu können, hatte der Kunstschalter e.V. überhaupt erst kurz das gesamte Haus angemietet.

 Ich erhob also ab März 1995 eine Kaltmiete von 8 DM pro qm + Nebenkosten und hatte nun möglichst schnell zu vermieten, denn es waren dringende Investitionen für die Schließanlage und Feuerlöscher waren notwendig.Ein besonderer Kraftakt in diesem Projekt, den ich in den ersten sechs Monate völlig auf meine eigenen Entscheidungen gestellt, mit einem immer größer werdenden Haufen ambitionierter, aufgedrehter, wilder Künstlerindividuen durchzuführen hatte. Mit der KHD einigten wir uns dann im Oktober näch zähem Ringen auf 4 DM/p.Qm, wobei 6.000 qm als Nutzfläche angesetzt wurden.

Im Nachhinein gesehen war es natürlich ein Fehler von mir, dass ich alle aufforderte, dem Verein beizutreten, allerdings war dies ja auch eine Auflage der Stadt Köln und ich wollte ja auch zur Mitarbeit motivieren, sie als Mannschaft zusammenbringen und die Verantwortung verteilen. 

Darum veranstaltete ich in den ersten 6 Monaten der Gründung alle zwei Monate eine Mitgliederversammlung, um möglichst jeden umfassend zu informieren und einzubeziehen.

Der Rat der Stadt Köln, das Kölner Kulturamt, sämtliche politischen Parteien, der Bund bildender Künstler u.a., schauten derweil dabei zu, ohne sich in dieser entscheidenden anstrengenden Phase zu beteiligen.
Was mir blieb war, lautstark und unaufhörlich zu schuften und alles zu mobilisieren, was ich an Einsatz, Geldern und Menschen aufbringen konnte.

Ich entschied alle zwei Monate die je neu angemieteten Etagen mit einer Vernissage, Midissage und Finissage zu feiern. Ich war ja durch meine zuvor sechs Jahre dauernde Tätigkeit als Produzentengalerist gewohnt Vernissagen und Partys zu organisieren. Zu jedem dieser Events kamen dann auch fast 1.000 Menschen, Funk und Fernsehen ins KunstWerk. Diese Events hielten das gesamte Haus über die ersten sechs Monate derart auf Trab, dass der Einzug und die Renovierung der 8.000 qm auf fünf Etagen, innerhalb dieser Zeit vollzogen und fast jeder Quadratmeter (bis auf Teile der zweiten Etage, die noch zu bauen waren) vermietet war. Aufgrund der in diesem Rythmus mobilisierten Presse- und TV-berichte war mein KunstWerk bald über die Kölner Grenzen hinaus bekannt.


Die meisten der ca. 70 Künstler die ich in meinem Gesamtkunstwerk, in den ersten sechs Monaten zur Zusammenarbeit vereinnahmte, ließen sich gerne auf meine Bedingungen ein, unter denen ich einen Atelierraum anbot. Ein Großteil kannte mich schon seit Jahren und es gab ja auch gar keine Alternative, als mich erstmal machen zu lassen. Doch gerade die Tage- und Nächtelangen Diskussionen, das kollektive Zusammenhalten und -arbeiten, in den 2.000 qm langen Fluren und über 100 Räumen, die uns das Berufsbildungszentrum hinterlassen hatte, in den Räumen voller Kabelmüll, mit wilden Wasser- und Elektroinstallationen, feuchten Kellergewölben, von Tauben befallen oder mit Öl getränkten Böden, mit einem an manchen Stellen tropfenden Dach, diese absolut kollegiale, familäre und auch liebevolle Grundstimmung, in der wir täglich,- regelrecht isoliert von der Aussenwelt arbeiteten - machte es möglich uns die ersten sechs Monate extrem leicht und fröhlich und erfolgreich wirken zu lassen.

Danke Euch allen für Euren Einsatz.

 

Zu bemerken ist an dieser Stelle noch der dubiose Brand, der die meisten der alten KHD Gebäude direkt an unseren Hof angrenzend, zerstörte.
Wie durch ein Wunder stoppten die Flammen an der Mauer unseres Hofes.
Zum Zeitpunkt des Brandes waren ca. 15 Künstler im KunstWerk, wobei die meisten fotografierend auf dem Dach, das sich ihnen bietende Spektakel bestaunten. Einige wenige verschliefen die Feuersbrunst in ihren Ateliers.
   
© Ulrich Eichhorn

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